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Warum Einzelhaltung in Stallboxen über die Nacht eine Daseinsberechtigung hat

- siehe dazu auch: Menupunkt Haltung/ Unterbringung -

Im Gegensatz zu vielen anderen Züchtern von Liebhaberkaninchen, haben wir uns für eine Einzelhaltung der Tiere nachts in großen klassischen Stallboxen entschieden und gegen eine permanente Gruppenhaltung. An dieser Stelle kam bei mir wohl einfach das alte Rassezüchtergen durch. Meiner Meinung nach wird die Haltung in Stallboxen in der Zucht zu Unrecht verteufelt und die Gruppenhaltung wenig differenzierend als der Weisheit letzten Schluss idealisiert dargestellt.

Vorteile einer Einzelhaltung in Stallboxen in Kombination mit täglichem Gruppenfreilauf:

1) Hauptargument für eine intermittierende Einzelhaltung der Tiere ist für mich die nur so mögliche individuelle Ernährung eines Zuchttieres. Werden alle Tiere immer in der Gruppe gehalten, kann man gut beobachten, dass es da Tiere gibt, die sich am Napf als durchsetzungsstärker erweisen und dann übermäßig verfetten. Auch von zu viel Gemüse kann ein Kaninchen dick werden. Eine Wamme ist einfach unschön und ungesund, aber durch gezielte Ernährung sehr gut zu verhindern, auch bei Zuchthäsinnen.

2) Kaninchen, genauso wie wir Menschen auch, wollen manchmal sehr wohl ihre Ruhe. Auch in der Natur hat jedes Wildkaninchen seinen eigenen Kessel, das heißt eine eigene Schlafhöhle und sein eigenes kleines Revier im Rahmen der Kolonie. Sozialem Stress kann ein Kaninchen so also auch einmal aus dem Wege gehen. Werden Kaninchen ständig zusammen in der Gruppe gehalten, sollten viele einzelne Schlafhäuschen und Rückzugsorte geschaffen werden. Unsere Kaninchen würden sicherlich nicht nach einem Tag im Freigehege so freiwillig in den großen Transportweidenkorb springen, wenn die Stallbox über Nacht für sie eine so große Zumutung darstellen würde. Ganz im Gegenteil, kann man schön beobachten, wie sich jedes Kaninchen seine Enstreu auf seine individuelle Art zurecht schiebt und sich daraus seinen Schlaf und Kuschelplatz baut.

3) Stallboxen sind leicht zu reinigen und ggf. zu desinfizieren. An der Art der Ausscheidungen kann man sofort erkennen, ob mit dem individuellen Tier gesundheitlich alles in Ordnung ist.

4) Meine Kaninchen werden durch das tägliche Umsetzen sehr gut daran gewöhnt, hochgehoben und transportiert zu werden. Dabei ist täglich ein individueller Gesundheitscheck der Tiere gegeben.

5) Durch den flexibel aufstellbaren Weidezaun, steht meinen Tieren täglich frisches Grün zur Verfügung, welches nicht durch Ausscheidungen übermäßig verschmutzt wird. Ich bin mir sicher, dass verschiedenen typischen Kaninchenkrankheiten so sehr gut vorgebeugt werden kann.

6) Oft werden niederrangige Häsinnen von der dominanten Zippe unterdrückt und werfen demzufolge wie in der Natur auch keine Jungen, wo nur die dominanten Häsinnen in Nähe der Alphahäsin leben und werfen dürfen. Eine Tatsache, die viel zu häufig dazu führt, dass Häsinnen aus der Gruppenhaltung mit dem Hinweis, sie seien für die Zucht nicht geeignet, verkauft werden.

Siehe dazu: http://www.hauskaninchen.com

Zum Schluss sei an dieser Stelle noch gesagt, dass es nie nur einen Weg gibt, ein Kaninchen glücklich zu halten und zu pflegen. Ich glaube wirklich, dass es kaum ein Haustier gibt, dass uns in unserem menschlichen Verhalten und Denken ähnlicher ist, als ein Kaninchen. Jeder der Kaninchen hält, merkt irgendwann, dass es absolute Individualisten sind, die genau wie wir Menschen lieber auf der Couch liegen als 10.000 Schritte täglich zu tun. Sie essen genau wie wir lieber kalorienreich als gesund und sie haben genau wie wir dabei jeder lieber seinen eigenen Napf bzw. Teller. Sie erforschen gern neues Gelände und richten gern ihre Höhlen ein, wie sie es persönlich wollen. Häsinnen alleine in einer Gruppe geht so gut wie nie gut, sie brauchen einen Macho, der sich für den Boss hält. Kaninchen haben es gern warm, trocken und kuschelig, aber alles über 27°C ist eine Zumutung. Häsinnen sind nicht gern den ganzen Tag um ihre Jungen. Sie suchen quasi ständig einen Babysitter. Kaninchen kommunizieren aus meiner Sicht sehr deutlich ihr persönliches Wohlbefinden. Es ärgert mich, wenn Ratgeber die Gruppenhaltung von Kaninchen als die einzig mögliche Haltungsform angegeben nur weil Kaninchen in der Natur in Gruppen leben. Wir Menschen leben auch je nach kultureller Sozialisation auf sehr unterschiedliche Weise glücklich, definieren jeder Glück doch recht verschieden und wären nicht automatisch alle glücklich nur weil ein Außenstehender die Großfamilie als ideale und natürliche menschliche Lebensform ausruft. Viele Menschen leben lieber alleine als dauerhaft mit dem falschen Partner, viele Menschen haben lieber eine eigene Wohnung als einen noch so gemütlichen Platz in einem Pflegeheim. Ich möchte dafür werben, artgerechte Tierhaltung nicht nur schwarz oder weiß zu sehen sondern mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und dabei ein Gespür für die uns anvertrauten Menschen und Tiere zu entwickeln und diesem Instinkt zu vertrauen. Ich ziehe unsere drei Kinder auch nicht alle auf die gleiche Art groß, sondern schaue sehr wohl, was einem jeden Einzelnen eher zu- oder abträglich ist. Kaninchen können trotz artgerechter Gruppenhaltung genauso leiden wie ein Mensch mit falschen Leuten in einem Heim, das nicht seinem Wesen entspricht.

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